Nachhaltige Tech-Riesen? Wieso die FAANG-Aktien nicht außen vor bleiben dürfen
Immer wieder wird der hohe Tech-Anteil in nachhaltigen Fonds kritisiert. Zu wenig nachhaltig seien etwa die FAANG-Aktien, die Investments in sie würden einzig der Portfolio-Aufhübschung dienen, so der Vorwurf. Dabei wäre es verwerflich, die Tech-Riesen außen vor zu lassen.
Der Gedanke an Nachhaltigkeit führt Investoren nicht unbedingt zu den großen Tech-Riesen wie Facebook, Amazon, Google oder Microsoft. Schließlich klingt Nachhaltigkeit eher nach Windrädern, Solaranlagen und E-Autos – und ähnliche Bilder dürfte ein großer Teil der privaten Investoren wohl auch beim Kauf von nachhaltigen Fondsprodukten im Sinn haben.
Die Realität bei den nachhaltigen Fonds sieht aber anders aus. Die Financial Times wertete Morningstar-Daten für die ersten sieben Monate des Jahres aus, die zeigen, dass bei acht der zehn am besten performenden US-Large-Cap-Fonds mit ESG-Fokus entweder Apple, Amazon oder Microsoft als Top-Position hielten. Durchschnittlich seien laut der Financial Times 17 Prozent der von den Top-Fonds verwalteten Vermögen in Aktien aus der Tech-Gruppe um Facebook, Amazon, Apple, Netflix, die Google-Mutter Alphabet oder Microsoft investiert gewesen. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum lag der Anteil dieser Aktien bei vergleichbaren Fonds ohne ESG-Fokus bei 23 Prozent und damit nur etwas höher.
Außerdem waren die fünf am häufigsten in Nachhaltigkeitsfonds vertretenen Aktien laut einer Untersuchung von RCB Capital zwischenzeitlich die doch sehr Tech-lastige Auswahl um Microsoft, Alphabet Inc., Visa, Apple und Cisco Systems.
Das romantisierte Bild wird also plötzlich durch Chips, Computer und soziale Netzwerke ersetzt – und das sorgte schon für einige Kritik. Durch die gute Performance der Tech-Aktien würden Fondsmanager die Rendite ihrer Produkte aufpolieren, die Tech-Unternehmen selbst seien gar nicht Musterbeispiele für Nachhaltigkeit.
Tech kann auch nachhaltig
Die Vorwürfe treffen in der Branche nicht unbedingt auf Verständnis. Daniel C. Roarty von AllianceBernstein kritisierte sie in einem Blogbeitrag schon Anfang des Jahres. Die Definition der Nachhaltigkeitskriterien und auch der entsprechenden Fonds sei den Kritikern noch immer nicht klar: „Zu erwarten, dass nachhaltige Fonds nur in Unternehmen investieren, die den Klimawandel bekämpfen, Windturbinen entwickeln oder diverse Vorstände fördern, ist unserer Ansicht nach ein Fehler. Hier gibt es ein weit verbreitetes Missverständnis.“
Denn auch Tech-Unternehmen würden implizit zu einer besseren Zukunft beitragen, indem sie beispielsweise Plattformen bieten, auf denen nachhaltigere Konzepte überhaupt erst besprochen werden und Technologien, mit denen nachhaltige Lösungen umgesetzt werden könnten. Diese Faktoren landen aber dementsprechend nicht oder nur selten in den ESG-Ratings der Nachhaltigkeit ausgelegten Fonds. Dementsprechend schwierig ist des Öfteren die Umsetzung der ESG-Scores.
Martin Stürner, Vorstandsvorsitzender der PEH Wertpapier AG und Fondsmanager des PEH EMPIRE, geht wegen der beschriebenen Schwierigkeiten den Nachhaltigkeitsweg von der anderen Seite aus. Der Fonds labelt sich bisher bewusst nicht als Nachhaltigkeitsprodukt, setzt stattdessen auf die größten Unternehmen des Planeten. Trotzdem bezieht Stürner ESG-Scores in die Porfolio-Allokation ein. So werden Aktien aus kritischen Branchen klar ausgeschlossen. Insgesamt haben die ESG-Ratings aber weniger Einfluss: „Wir setzen die Portfolio-Allokation fest und prüfen die verbliebenen Aktien mit der Hilfe zweier ESG-Scores auf ihre Nachhaltigkeit hin. Dann veröffentlichen wir die Ergebnisse“, erklärt Stürner. Damit möchte er für Transparenz sorgen, ohne falsche Versprechungen zu machen. Umso erstaunlicher ist, dass trotz oder gerade wegen des hohen Technologie-Anteils der gesamte ESG-Score des Portfolios überdurchschnittlich gut ist.
Vorreiter und Zugzwang
Der Erklärungsansatz von Stürner: „Gerade die großen Unternehmen können sich der Nachhaltigkeitsentwicklung gar nicht entziehen, weil sie so sehr unter dem Brennglas stehen.“ Und da die größten Unternehmen der Welt überwiegend aus der Tech-Branche stammen, finden sie sich wohl auch in vielen nachhaltigeren Fonds-Portfolios wieder. Die Kritiker, die den hohen Anteil von Tech-Unternehmen in Nachhaltigkeitsfonds bemängeln, kann er nur teilweise verstehen. Denn erst mit dem wachsenden Einfluss von nachhaltig orientierten Investoren könne ja ein Einfluss auf die Unternehmen ausgeübt werden, erklärt der Anlageprofi.
Diesen Einfluss bei Tech- und damit bei den größten und wichtigsten Unternehmen von vorne herein auszuschließen, hält Stürner deswegen für falsch. Schließlich könnten gerade solche Unternehmen auch eine Menge bewegen: „Die großen Tech-Unternehmen stehen mit nachhaltigen Investoren vielmehr im Fokus und in der Bringschuld und können so dann auch Vorreiter sein.“ Aus diesem Grund beleuchten auch Stürner und seine Kollegen weiterhin die Möglichkeiten für nachhaltigere Investments – die eben nicht nur aus Solaranlagen und Windrädern, sondern auch aus technologischer Infrastruktur bestehen.